Vor Berlusconi eingeknickt by flopitz Saturday December 15, 2001 at 05:52 PM |
Der europäische Haftbefehl wird eingeführt. Berlusconi aber hat jetzt nichts mehr zu befürchten.
Der europäische Haftbefehl soll die Festnahme und Auslieferung von Straftätern innerhalb der Europäischen Union erleichtern und beschleunigen. Dazu haben sich die 15 EU-Staaten auf eine Liste von 32 Straftaten geeinigt, bei denen die bisher nötige Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit in den beteiligten Ländern entfällt. Der europäische Haftbefehl soll vom 1. Januar 2004 an gelten. Bis dahin müssen die EU-Staaten ihr nationales Recht angepasst haben. Dabei ist ihnen freigestellt, ob die Regelung auch rückwirkend für frühere Straftaten gelten soll. Italien hatte sich strikt gegen eine solche Rückwirkung gewandt und wollte die Straftatsbestände, für die der Haftbefehl gelten soll, erheblich einschränken. Und zwar genau um die Straftaten, für die Silvio Berlusconi, der italienische Medienmogul und Regierungschef , juristisch belangt werden soll.
Italien wollte nur 6 der 32 Straftatbestände akzeptieren, für die künftig ein europaweit vollstreckbarer Haftbefehl gelten soll. Dabei feilten die Fachleute seit langem an der Vereinbarung. Die meisten EU-Justizminister hatten von ganz oben die Anweisung, rechtssystematische Bedenken zu überwinden.
Nun rächte sich, dass die EU-Mitgliedsstaaten und Institutionen fast kommentarlos zur Tagesordnung übergegangen, als Mitte Mai deutlich wurde, wer in Italien an die Macht gewählt worden war. Während Österreich bis heute streng daraufhin beobachtet wird, ob die konservativ-rechtsnationale Regierung die demokratischen Grundrechte respektiert, bleiben die Vorgänge in Italien unkommentiert.Dabei hat Berlusconi begonnen, die italienische Rechtsordnung umzuschreiben und Richter einzuschüchtern.
Schreiben die Strafverfolger eines Mitgliedstaats einen Tatverdächtigen mit dem europäischen Haftbefehl zur EU-weiten Fahndung aus, müssen die Polizei- und Justizbehörden aller anderen EU-Länder bei der Suche und Festnahme helfen. Voraussetzung dafür ist, dass die Tat mit mindestens drei Jahren Haft bedroht ist. Akzeptiert ein Festgenommener seine Auslieferung in das Land, das ihn vor Gericht stellen will, dann müssen die Behörden des Festnahmelandes ihn innerhalb von 20 Tagen überstellen. Stimmt der Tatverdächtige dem nicht zu, müssen die Behörden binnen 60 Tagen entscheiden. In Ausnahmen darf das Verfahren 90 Tage dauern.
Bei Straftaten, die nicht in der Liste der 32 Delikte stehen, muss nach wie vor geprüft werden, ob diese auch im Staat der Festnahme mit mindestens einem Jahr Haft strafbar sind.