Belgischer EU-Vorsitz: Studentenstreiks by EU For The People Sunday August 12, 2001 at 01:12 AM |
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In diesem Beitrag befassen wir uns mit Repressionen gegen die Bewegung der Globalisierungskritiker und der Idee eines Schüler- und Studentenstreik wie er am 19. Oktober in Belgien stattfinden wird.
Belgiens EU-Vorsitz: Studenten- und Schülerstreiks
Am vergangenen Freitag haben wir bereits einen Artikel mit einer Übersicht über Aktionen während des Belgischen EU-Vorsitzes publiziert. In diesem Beitrag befassen wir uns mit Repressionen gegen die Bewegung der Globalisierungskritiker und der Idee eines Schüler- und Studentenstreik wie er am 19. Oktober in Belgien stattfinden wird. Die Repression in Genua war für europäische Begriffe von unglaublicher Härte. Die traurige Bilanz: ein Toter und hunderte Verletzte. Aber das dies passieren würde, war eigentlich abzusehen und wirklich neu waren die Repressionen von Genua auch nicht. Es war mit Göteborg das zweite Mal innerhalb kürzester Zeit, dass in Europa mit scharfer Munition auf Demonstranten geschossen wurde. Zuvor waren Italiens Grenzen geschlossen und Ausreiseverbote verhängt worden. Schon während des EU-Gipfels 1997 in Amsterdam waren massenweise Aktivisten festgenommen worden, die später wieder freigelassen wurden, weil ihre Festnahme nach holländischem Recht illegal war. Viele der Festgenommenen erhielten daraufhin im letzten Jahr sogar Schadenersatz (Info: http://www. autonoomcentrum.nl). Schon im Dezember 2000 war vielen Italienern, die an Protestaktionen während des EU-Gipfels in Nizza teilnehmen wollten, die Einreise nach Frankreich verweigert worden, obwohl sie gültige Fahrkarten und Ausweise vorweisen konnten. Die Staatschefs der EU-Staaten möchten die Öffentlichkeit glauben machen, dass die öffentliche Ordnung durch Demonstrationen in Gefahr sei und dass immer weitergehende Maßnahmen zur Bekämpfung der Gewalt von seiten der Demonstranten notwendig seien. Städte wie Genua werden deshalb während der Gipfeltreffen zu Festungen mit riesigen Polizeitruppen umgebaut.
Die wirklichen Gewaltverhältnisse sehen aber anders aus. Die Staatschefs der EU und anderer Staaten wie der USA und Kanada fürchten die Argumente der Globalisierungskritiker. Sie tun alles, auch, was nach ihren eigenen Gesetzen nicht erlaubt ist, um die Bewegung der Globalisierungskritiker zu diskreditieren. Dabei setzen sie auch gezielt Gewalt ein. Immer wieder kursieren Gerüchte über Provokateure. In Barcelona wurde in diesem Jahr eine Konferenz der Weltbank abgesagt. Als die geplanten Demonstrationen und Veranstaltungen daraufhin kurzerhand zur Feier des Rückzuges der Weltbankvertreter umfunktioniert wurden, begannen am Ende einer friedlichen Demonstration einige Personen Krawall zu machen. Videos und Fotos belegten später eindeutig, dass diese Krawallmacher Provokateure der spanischen Polizei waren. Nachdem die agents provocateurs der Polizei den Krawall demnach selbst angezettelt hatten, nahmen dies die Kollegen der spanischen Bereitschaftspolizei zum Anlass, auf friedliche Demonstranten einzuprügeln. Ein Abgordneter der PSOE, spanische Sozial-Demokratische Partei, verlangte daraufhin eine Untersuchung.
Im "Toronto Star" vom 3. Mai 2001 werden offizielle Angaben zitiert, wonach die Ordnungshüter während der Demonstrationen beim FTAA-Gipfel in Québec 4.907 Tränengasgranaten in die Demos feuerten. Eine eigens eingesetzte Untersuchungskommission der Québecer Landesregierung sah bei diesem Polizeieinsatz den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Wie jeder weiß, eskalierte auch in Genua die Polizeigewalt und auch dort wurde eine Kommission mit der Untersuchung der Vorfälle beauftragt. Aber was soll eine Untersuchung bringen, die von Politikern in Auftrag gegeben wird, die diese Eskalation gewollt haben? Vertuschung? Augenwischerei?
Die Gewalt wird nicht nur zur Diskreditierung der Globalisierungskritiker sondern auch zur Spaltung der Bewegung benutzt. Polizeiliche Prügelorgien sind ein probates Mittel Menschen einzuschüchtern und vom Demonstrieren abzuhalten. Parallel zur Ausweitung der Polizeigewalt begann eine Propaganda-Offensive mit erfundenen und verdrehten Fakten gegen die globalisierungskritische Bewegung. So behauptet Paul Krugman, Ökonom am Massachusetts Institute of Technology (MIT), in der "International Herald Tribune" vom 23. April 2001, für ihn waren "die Globalisierungsgegner bereits bemerkenswert erfolgreich, wenn es darum geht, den Menschen und Anliegen, für die sie angeblich eintreten, zu schaden". Ähnliche Bemerkungen kamen von George Bush. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Seattler WTO-Verhandlungen von 1999 unter anderem deswegen misslungen sind, weil viele Regierungen der Süd-Länder, die sogenannten Entwicklungsländer, die Kritik der Aktivisten auf den Straßen Seattles in vielen Punkten teilen, sind solche Behauptungen eine glatte Lüge.
Eine Angriff auf das Recht der freien Meinungsäußerung durch Demonstrationen sind Äußerungen über einen angeblichen Mangel an Legitimität der Bewegung. So erklärte der britische Premierminister Tony Blair, er interessiere sich nicht für die Argumente der Demonstranten in Genua, schließlich sei er und nicht sie gewählt worden. Die Zeitschrift "The Economist" schrieb schon kurz nach Seattle in 1999, dass die NGOs eine bedrohliche Verlagerung der Macht darstellten. Angesichts solcher Einschätzungen wundert es nicht, dass Anfang Juli dieses Jahres beim WEF-Gipfel (World Economic Forum) in Salzburg bis auf eine Kundgebung am Bahnhof alle Demonstrationen verboten wurden. Offensichtlich ist unter den Herrschenden Panik ausgebrochen, Polizeigewalt und Propaganda sind ihre Antwort.
Für uns stellt sich die Frage: "Was nun?". In Belgien hat die belgische Abteilung von Global Resistance (Internationaal Verzet) einen Schüler- und Studentenstreik am 19. Oktober angekündigt. Damit sollen die Inhalte des Widerstandes gegen das Europa der transnationalen Konzerne in die Schulen und Universitäten des Landes getragen werden. Morgens 10.00 Uhr werden viele Studenten und Schüler an einer anti-kapistalistischen Demo während eines informellen EU-Gipfels in Gent teilnehmen. Wir halten diese Idee für sehr gut und wichtig. Wir denken, dass neben den zahlreichen Solidaritätsaktionen mit den direkt von Staatsgewalt betroffenen Opfern wie beispielsweise in Genua und Göteborg, eine Antwort auch sein muss, dass wir die inhaltliche Kritik gegen die neo-libarale Globalisierung auch durch lokale Aktionen vermitteln.
Schulen und Unis sind sehr geeignete Orte, unsere Themen lokal zu vermitteln. Mit Hilfe des GATS-Abkommens (General Agreement on Trade in Services) und drastischer Kürzung der Hochschulmittel im EU-Haushalt wird die Privatisierung der Hochschulen vorangetrieben - drastische Veränderungen im Namen der Globalisierung, die jeden Studenten direkt betreffen. Hier ergibt sich ein wichtiger Ansatzpunkt, die Interessen der direkt betroffenen Schüler und Studenten zu wecken und über die individuelle Bedrohung hinaus die Gefahren der neo-liberalen Globalisierung insgesamt aufzuzeigen.
Wir rufen Schüler und Studenten dazu auf, Aktionsgruppen an ihren Unis und Schulen zu bilden. Ziel ist es, in den kommenden Monaten Aktionen zu organisieren und zu untersuchen, inwieweit es erfolgversprechend ist, in mehreren EU-Ländern vom 10. bis 14. Dezember 2001 einen Schüler- und Studentenstreik zu organisieren. In den ersten Tagen des Streikes sollten Aktionen und Konferenzen in den Städten, Schulen und Unis stattfinden. Am Freitag, 14. Dezember, rufen wir alle Schüler und Studenten auf, an der großen Demo während des EU-Gipfels in Brüssel teilzunehmen. Für ein anderes Europa, für eine andere Welt.
Meinungen und Einschätzungen zum Thema "Schüler- und Studentenstreik" wären uns sehr willkommen.
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